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16.01.2023

Arbeitszeiterfassung im Verein

Im September 2022 stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass Arbeitgeber dazu verpflichtet seien, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen. (BAG, Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21) Was hat es mit der Zeiterfassung auf sich?

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In diesem Zusammenhang sind zwei Gesetze zu betrachten:
1. Das seit 1994 in Deutschland gültige Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das Gesetz regelt Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten, Ruhepausen und vieles mehr. Und es gilt auch für Vereine und andere gemeinnützige Körperschaften, die Arbeitnehmer beschäftigen.

2. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das nach § 3 Arbeitgeber verpflichtet, erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Es müssen auch erforderliche Mittel und eine geeignete Organisation zur Verfügung gestellt werden.

Darüber hinaus nimmt das sogenannte Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Mai 2019 Einfluss auf die Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes. Mit diesem Urteil wurden Arbeitgeber verpflichtet, die volle Arbeitszeit ihrer Beschäftigten ab der nullten Stunde systematisch zu erfassen. Der EuGH legt letztverbindlich EU-Recht aus und hat entschieden, dass sich die Pflicht zur Zeiterfassung aus der Europäischen Grundrechtecharta und dem Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf gesunde und sichere Arbeitsbedingungen inklusive des ausdrücklichen Rechts auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten ergibt.

Wozu die Zeiterfassung?

In erster Linie sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker geschützt werden. Beschäftigte haben ein Recht auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf täglich  und wöchentlich einzuhaltende Ruhezeiten. Und in Zeiten von Smartphone und Laptop ist das dringend notwendig. Besonders über das Smartphone sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch außerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten für Job-Angelegenheiten verfügbar. Hier ein Telefonat nach Feierabend, da eine E-Mail am Wochenende. Daraus können schnell unerfasste Überstunden werden, die Beschäftigte auf Dauer belasten können. Und da sind am Arbeitsplatz gemachte Überstunden noch gar nicht berücksichtigt.

Was aktuell gilt
Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit. Allerdings hat das BAG jetzt entschieden, dass sich die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung der gesamten Arbeitszeit bereits aus § 3 ArbSchG ergibt. Das bedeutet, dass nicht – wie bislang gedacht – die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2019 zunächst noch in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Das BAG hat nunmehr festgestellt, dass diese Pflicht auch auf der heutigen gesetzlichen Grundlage besteht. Sie sollten sich daher mit dem Thema befassen und Arbeitszeiten künftig erfassen. Es wird nach dieser Entscheidung sicherlich auch zeitnah, ein gesondertes Gesetz mit genaueren Regelungen zur Arbeitszeiterfassung erlassen werden.

Gut zu wissen
Das Arbeitsschutzgesetz kennt keine Ausnahmen für „kleine“ Organisationen. Selbst wenn ein Verein oder Verband nur eine angestellte Person hat, gelten die gesetzlichen Vorgaben.

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