Pleite ist pleite: Keine Sonderregeln für gemeinnützige Vereine
Nicht nur die Folgen der Pandemie sind ursächlich für das Scheitern von Vereinen, auch anhaltende Misswirtschaft oder der plötzliche Wegfall von Spenden und Fördermitteln führt dazu, dass Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können und die Vereinsarbeit zum Erliegen kommt. Anders als bei der Besteuerung steht dem Verein bei einer Insolvenz aufgrund seiner Gemeinnützigkeit jedoch keine Sonderbehandlung zu. Bei Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund gelten für gemeinnützige Körperschaften die gleichen Kriterien wie für jede nichtgemeinnützige Organisation, auch wenn die unternehmerische Tätigkeit des Vereins meist nicht mit der eines wirtschaftlichen Betriebes vergleichbar ist. Vereinsvorstände müssen daher immer umfassend über die finanzielle Situation des Vereins im Bilde sein.
Hohe Risiken für den gesamten Vorstand
Und die Situation wird nicht erst dann kritisch, wenn der Verein hoffnungslos überschuldet ist. Eine Insolvenz kann bereits durch die akute oder die drohende Zahlungsunfähigkeit begründet sein und muss auch nicht zwangsläufig den gesamten Verein betreffen. Auch einzelne Abteilungen können in die Insolvenz gehen, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen wahrnehmen und dafür eine handlungsfähige Organisation unterhalten. Vorstände dürfen unbequeme Entscheidungen dann keinesfalls auf die lange Bank schieben, sondern müssen unverzüglich handeln. Ist einer der drei Insolvenzgründe eingetreten, besteht für jedes einzelne Vorstandsmitglied die Insolvenzantragspflicht. Denn die Tatsache, dass sich der Vorstand aus mehreren Personen zusammensetzt, entbindet das einzelne Vorstandsmitglied nicht von seiner Verantwortung. Wird der Antrag wissentlich oder unwissentlich verspätet oder gar nicht gestellt, haftet der Vorstand gesamtschuldnerisch für Schäden, die den Gläubigern daraus entstehen – auch mit seinem Privatvermögen.
Auch Gläubiger müssen Risiko abwägen
Je später der Antrag gestellt wird, umso größer ist unter Umständen der Schaden, für den der Vorstand haftet. Denn mit der Antragstellung wird das verbleibende Vermögen der Insolvenzmasse zugerechnet, aus der die Gläubiger befriedet werden. Wird der Vereinsbetrieb aber unnötig lange aufrechterhalten, schmälert das die Insolvenzmasse und die Gläubiger erhalten daraus einen geringeren Anteil. Der Vorstand haftet dann auch für diesen sogenannten „Quotenschaden“. Andererseits kann ein Fehlverhalten der Gläubiger vor Haftung schützen, nämlich dann, wenn die prekäre finanzielle Situation des Vereins dem Gläubiger bekannt war und er mit diesem Wissen dennoch Leistungen für den Verein erbringt oder Verträge abschließt und damit das Risiko bewusst in Kauf nimmt, seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zu gefährden.
Wie stellt man einen Insolvenzantrag?
Der Insolvenzantrag muss grundsätzlich schnellst möglich nach dem objektiven Eintritt eines Insolvenzgrundes eingereicht werden. Dass der Vorstand erst später davon erfahren hat, ist keine Entschuldigung, denn als Vereinsorgan hat stets die Pflicht, sich zu versichern, dass kein Insolvenzgrund vorliegt. Übrigens kann nicht nur der Vorstand die Insolvenz für den Verein beantragen. Auch einem vom Verein bestellten Abwickler können in diesem Zusammenhang weitreichende Befugnisse eingeräumt werden. Und nicht zuletzt haben Gläubiger des Vereins, wie Angestellte oder Dienstleister, das Recht einen Insolvenzantrag zu stellen, sofern sie ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Verfahrens haben und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen können. Beantragt werden muss das Insolvenzverfahren beim zuständigen Amtsgericht. Dafür genügt ein formloser schriftlicher Antrag. Zusätzlich muss eine Übersicht über das Vereinsvermögen erstellt und alle Gläubiger- und Schuldneransprüche aufgelistet werden.
Was ändert sich während des Verfahrens für den Verein und seine Mitglieder?
Der Verein wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens offiziell aufgelöst, bleibt aber während des Insolvenzverfahrens rechtsfähig und durch seine bisherigen Organe handlungsfähig. Die Vereinssatzung gilt also vorerst weiter und alle Vereinsorgane bleiben bestehen. Allerdings dürfen ab jetzt keine weiteren Mitglieder aufgenommen und nur die bis zur Eröffnung des Verfahrens fällig gewordenen Mitgliedsbeiträge eingezogen werden. Erst wenn das Insolvenzerfahren beendet und alle Vermögenswerte verteilt wurden, erlischt seine Rechtsfähigkeit.
Für die Mitglieder endet mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Beitragspflicht, die Mitgliedschaft im Verein besteht jedoch bis zum Ende des Verfahrens unberührt fort. Auch die Mitgliederversammlung bleibt in ihren Rechten und Pflichten bestehen, muss sich bei bestimmten Entscheidungen aber mit dem Insolvenzverwalter abstimmen.
Der Vorstand vertritt den Verein weiterhin gerichtlich und außergerichtlich und hat die Rechte und Pflichten des Schuldners wahrzunehmen, wie zum Beispiel die Auskunftspflicht bei gerichtlichen Anhörungen, die Teilnahme an Gläubigerversammlungen oder die Einlegung von Rechtsmitteln, die einem Schuldner gemäß der Insolvenzordnung offen stehen. Außerdem muss er einen Insolvenzplan vorlegen bzw. beratend mitwirken, wenn der Insolvenzverwalter diesen aufstellt.
Und was kommt danach?
Der Insolvenzantrag muss nicht zwangsläufig das Ende des Vereins bedeuten. In vielen Fällen kann die Insolvenz abgewendet werden. Gerade eine rechtzeitige Einleitung des Verfahrens kann durchaus von Vorteil sein, vor allem, wenn in einem Insolvenzplan Regelungen getroffen werden, die den Erhalt des Vereins zum Ziel haben. Im besten Falle kann das Insolvenzverfahren die Zahlungsfähigkeit des Vereins wieder herstellen und er kann seine Arbeit fortführen. Oder er wird nach einem geordneten Insolvenzverfahren durch das Gericht von den Restschulden befreit, so dass ein Neuanfang möglich ist. Nachdem das Verfahren auf Antrag des Vereins eingestellt oder mit der Bestätigung des Insolvenzplans aufgehoben wurde, kann die Mitgliederversammlung die Fortsetzung des Vereins beschließen.