Muss jeder Verein mit einer Betriebsprüfung rechnen?
Theoretisch ja, denn steuerpflichtige Vereine können nicht auf Wunsch von einer Betriebsprüfung befreit werden. Ebenso wenig haben sie das Recht, sich auf eigenen Willen hin prüfen zu lassen. Allein die Finanzverwaltung entscheidet aufgrund verschiedener Faktoren, ob eine Betriebsprüfung bei einem gemeinnützigen Verein angeordnet wird. Die Gründe dafür können Risikoeinschätzungen aus vorherigen Prüfungen, Erkenntnisse aus der Steuererklärung, Kontrollmitteilungen anderer Finanzämter, aber auch die Größe des Vereins oder regionale Schwerpunktprüfungen sein. In den meisten Fällen entscheidet aber der Zufall über die Auswahl. Daher muss zwar nicht jeder Verein zwangsläufig mit einer Betriebsprüfung rechnen, sollte aber im Idealfall darauf vorbereitet sein.
Was prüft das Finanzamt bei Vereinen?
Ziel einer Betriebsprüfung ist es, die richtigen Besteuerungsgrundlagen des jeweiligen Vereins zu ermitteln. Gerade wenn nach der regulären Steuerprüfung bestimmte Sachverhalte ungeklärt sind, kann das Finanzamt zusätzlich eine Betriebsprüfung anordnen. Dabei wird nicht nur der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb untersucht, sondern vor allem der ideelle Bereich. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen daher unter anderem Zuwendungen an Mitglieder, die Zulässigkeit von gebildeten Rücklagen oder die Verwendung von Spendeneinnahmen, um festzustellen, ob die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit eingehalten wurden und die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins auf die Verfolgung der Satzungszwecke ausgerichtet ist. Meist setzt der Betriebsprüfer bei seiner Untersuchung die folgenden vier Schwerpunkte. Dabei prüft er, ob die Tätigkeiten des Vereins den steuerlichen Anforderungen entsprechen und ob die Mittel des Vereins satzungsgemäß und angemessen verwendet werden.
1. Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb
Die klare Zuordnung von Vereinsaktivitäten zum ideellen Bereich, zur Vermögensverwaltung, zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder zum Zweckbetrieb ist ein häufig geprüfter Aspekt und sollte daher genau dokumentiert sein.
Ist ein Verein neben seiner ideellen Tätigkeit auch wirtschaftlich aktiv, wird die Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb besonders sorgfältig überprüft. Fehler bei der Zuordnung können ernsthafte finanzielle Konsequenzen haben, wie die nachträgliche Belastung mit Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer oder gar die Spendenhaftung bei einer Umqualifizierung von Spendengeldern im Zweckbetrieb.
2. Abgrenzung zwischen Spenden und Sponsoring
Die Unterscheidung zwischen Spenden und Sponsoring ist ein häufiges Thema bei Betriebsprüfungen von Vereinen, da es oft schwierig ist, die Zuordnung der Einnahmen korrekt festzulegen. Spenden sind freiwillige und unentgeltliche Wertabgaben, während Sponsoring Geld oder Vorteile mit unternehmensbezogenen Zielen umfasst, und die steuerliche Einordnung beim Verein unabhängig von der steuerlichen Behandlung beim Zuwendenden erfolgt.
Tipp: Um bei Unsicherheiten die steuerliche Beurteilung einer
Zuwendung zu klären, kann der Verein beim Finanzamt entweder einen kostenpflichtigen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen oder informell eine Absprache treffen.
3. Gemeinnützige und angemessene Mittelverwendung
Vereine mit gemeinnütziger Ausrichtung müssen sicherstellen, dass ihre Mittel satzungsgemäß und angemessen genutzt werden, insbesondere bei Vergütungen für Gremienmitglieder. Problematisch sind Zahlungen, die Gremienmitgliedern mittelbare Vorteile bringen. Solche Gestaltungen unterliegen einer sorgfältigen Prüfung durch Betriebsprüfer. Bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit besteht das Risiko der Aberkennung der Gemeinnützigkeit.
4. Umsatzsteuer bei Geschäftsvorfällen
Für gemeinnützige Vereine gelten allgemeine Steuergrundsätze, eine Umsatzsteuerbefreiung ist daher nicht automatisch gegeben. Mitgliedsbeiträge, Spenden und Zuschüsse im ideellen Bereich sind nicht umsatzsteuerbar. Vermögensverwaltung hingegen kann, muss aber nicht umsatzsteuerbefreit sein, während steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dem Regelsteuersatz unterliegen. Zweckbetriebe haben in der Regel einen ermäßigten Umsatzsteuersatz. Vereine sollten die Zuordnung von Leistungen zu Zweckbetrieben daher sorgfältig prüfen und ggf. vom Finanzamt formlos bestätigen lassen, um existenzielle Folgen zu vermeiden.
Welche Fristen gelten bei einer Betriebsprüfung?
Eine Betriebsprüfung wird in der Regel zwei Wochen im Voraus durch eine Prüfungsanordnung vom Finanzamt angekündigt. Viele Betriebsprüfer greifen allerdings in der Praxis zum Telefon, um noch vor der schriftlichen Anordnung einen Termin für den Beginn der Prüfung abzustimmen. Dies gibt dem Verein genügend Zeit, sich vorzubereiten und die erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen.
Tipp: Auch nach Eingang der schriftlichen Prüfungsan-
ordnung kann eine Verlegung der Prüfung aus relevanten Gründen beim Finanzamt schriftlich beantragt werden. Wichtig ist, dass Sie nachvollziehbar begründen können, warum eine spätere Prüfung notwendig ist.
Eine Betriebsprüfung kann sich rückwirkend auf mehrere Jahre beziehen. In der Regel beläuft sich der Prüfungszeitraum dabei auf die letzten drei bis vier Jahre, für die bereits eine Steuererklärung abgegeben wurde. Sollte sich der Tatbestand Steuerhinterziehung herauskristallisieren, kann das Finanzamt sogar die letzten acht bis zehn Jahre genau unter die Lupe nehmen.
Wie läuft die Betriebsprüfung im Verein ab?
Die Betriebsprüfung im Verein beginnt mit der schriftlichen Prüfungsanordnung. Diese benennt einen Adressaten und gibt bekannt, welche Steuerarten geprüft werden. Den
Umfang der Untersuchung bestimmt die Finanzbehörde bzw. der Prüfer selbst. Für den Verein ist aus der Prüfungsanordnung ersichtlich:
- welche Steuerarten geprüft werden (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer).
- welcher Zeitraum (Veranlagungsjahre) rückwirkend überprüft wird.
- wo die Prüfung stattfindet (meist im Verein) und zu welchem Termin sie beginnt.
Selbstanzeige – Was sollten Sie wissen!
Mit Erhalt der Prüfungsanordnung beginnt die Sperrwirkung. Das ist wichtig zu wissen, weil Vereine, deren steuerliche Sachverhalte fehlerhaft sind, mit einer Selbstanzeige eine Bestrafung vermeiden können. Eine Selbstanzeige wirkt strafbefreiend, aber nur so lange noch keine schriftliche Prüfungsanordnung erfolgt ist. Eine vorab erfolgte telefonische Terminabsprache mit dem Prüfer aktiviert also noch nicht die Sperrwirkung. Der Verein hat dann kurzfristig die Möglichkeit, eine Selbstanzeige zu stellen. Die Sperrwirkung gilt zudem nur für den angesetzten Prüfungszeitraum und die von der Prüfung umfassten Steuerarten
Gute Zusammenarbeit mit dem Verein beschleunigt die Prüfung
In der Regel wird der Prüfer zu Beginn eine Einschätzung der Dauer seiner Prüfung abgeben, skizziert seine Vorgehensweise, erfragt vereinsinterne Abläufe und kann auch Vereinsanlagen besichtigen. Die Prüfung selbst findet in den meisten Fällen in den Räumlichkeiten des Vereins statt. Verlauf und die Dauer hängen neben anderen Gegebenheiten auch von Bereitschaft des Vereins ab, den Prüfer in seiner Arbeit zu unterstützen.
Zum vereinbarten Starttermin beginnt dieser damit, die Buchführung, Verträge und Belege und andere Unterlagen des Vereins systematisch durchzuarbeiten. Der Verein ist verpflichtet, dem Prüfer in dieser Zeit Zugriff auf sämtliche, den Prüfungsumfang betreffende Daten und Unterlagen zu gewähren – egal ob in digitaler oder analoger Form. Zur besseren Koordination sollte dem Prüfer ein fester Ansprechpartner auf Vereinsseite genannt werden.
Ergibt die Betriebsprüfung Änderungen in der Steuerfestsetzung des Vereins, findet zwischen Verein und Prüfer eine Schlussbesprechung statt, in der die wesentlichen Erkenntnisse und die Prüfungsfeststellungen gemeinsam diskutiert und die Auswirkungen eingeschätzt werden können. Sollten alle strittigen Themen schon während der Prüfung in beiderseitigem Einvernehmen geklärt worden sein, kann auf die Schlussbesprechung verzichtet werden. Zu guter Letzt erstellt der Prüfer den Prüfungsbericht, in dem alle Ergebnisse schriftlich festgehalten und ihre finanziellen Auswirkungen berechnet sind. Dieser Bericht ist Grundlage für die geänderten Steuerbescheide, die das Finanzamt anschließend erlässt.
Wie sollten sich Vereine während der Prüfung verhalten?
Generelle Kooperationsbereitschaft des Vereins und eine gute Zusammenarbeit mit dem Prüfer können nicht nur die Prüfungsdauer verkürzen, sondern unter Umständen dem Verein auch mehr Verhandlungsspielraum gewähren, um zu einem für beide Seiten verträglichen Konsens zu kommen. Hier sind unsere konkreten Handlungsempfehlungen im Falle einer Betriebsprüfung:
- Stellen Sie zu Beginn der Betriebsprüfung alle angeforderten Unterlagen sorgfältig zusammen. Beschränken Sie sich dabei auf die nötigsten, vom Prüfer konkret benannten Informationen.
- Übermitteln Sie die Informationen vollständig und innerhalb der genannten Frist.
- Ein kurzes freundliches Telefonat mit dem Prüfer, etwa um den Prüfungstermin und das weitere Vorgehen zu klären oder um nachzufragen, ob alle nötigen Unterlagen vorliegen, gibt ein positives Signal für die weitere Zusammenarbeit.
- Stellen Sie dem Prüfer einen angemessenen Arbeitsplatz zur Verfügung, stellen Sie den Kontakt zu allen für ihn relevanten Ansprechpartnern im Verein her.
- Stellen Sie während der Betriebsprüfung alle nachträglich geforderten Unterlagen ohne Verzögerung zur Verfügung. Wichtig ist in dem Zusammenhang der Zugriff auf die elektronischen Daten des Vereins und das Überlassen der nötigen Datenträger. Wichtig: Der Betriebsprüfer hat ein Zugriffsrecht auf alle Daten, die den Prüfungsumfang betreffen.
- Werden Sie während der Prüfung aufgefordert, bestimmte Sachverhalte oder strittige Themen zu klären, machen Sie dies mit der notwendigen Sorgfalt und melden Sie dem Prüfer verbindlich, bis wann die Aufgaben erledigt sind. Engagement und Ernsthaftigkeit kommen Ihnen hier zugute.
- Binden Sie Ihren Steuerberater rechtzeitig in die Prüfungsvorgänge ein, vor allem wenn Zwischenvermerke ein steuerlich ernsthaftes Thema vermuten lassen.
- Gehen Sie gut vorbereitet und am besten in Begleitung Ihres Steuerberaters in die Schlussbesprechung. Nutzen Sie das Gespräch, um strittige Punkte sachlich zu Ihren Gunsten zu klären.
- Auf Antrag kann Ihnen der schriftliche Prüfungsbericht vor seiner Auswertung übersandt werden. Zu diesem Bericht können Sie Stellung nehmen und ggf. Rechtsbehelfe gegen die aufgrund der Außenprüfung ergehenden Steuerbescheide einlegen.
Checkliste Betriebsprüfung für Vereine
Ihrem Verein steht eine Betriebsprüfung ins Haus?
Mit dieser Checkliste sind Sie gut vorbereitet:
- Liegen alle Satzungsvoraussetzungen für die Steuerbegünstigung aus steuerlicher Sicht (§§ 51–68 AO) vor?
- Gibt es eine Übersicht aller Einnahmenpositionen mit Sphärenzuordnung (ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Zweckbetrieb)?
- Ist eine Stellungnahme zur Angemessenheit der Vergütung von Vorstand oder Geschäftsführer vorhanden? (sofern die Angemessenheit nicht anders belegt werden kann)
- Sind korrekte Verträge vorhanden für Arbeitnehmer, geringfügig Beschäftigte (Minijobber), kurzfristig Beschäftigte, gelegentlich und gegen geringes Entgelt Beschäftigte, Sportler/-innen (bezahlt/unbezahlt), Miet- und Pachtverträge, Verträge betreffend Werbung jeglicher Art, Darlehensverträge, sonstige Verträge (z. B. Übungsleiter, Ehrenamtspauschale etc.)
- Ist die umsatzsteuerliche Organschaft bei Kooperationen oder Tochtergesellschaften sichergestellt?
- Sind alle Spenden, insbesondere Sachspenden und Verzicht auf Ersatz von Aufwendungen sauber dokumentiert und belegbar?
- Wurde die Ergebnisentwicklung in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben regelmäßig überprüft und dokumentiert?
- Werden alle Zweckbetriebe regelmäßig überprüft, um mögliche umsatzsteuerliche Konsequenzen zu vermeiden?