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24.11.2025

Unfälle

Ein großes und wirklich wichtiges Thema sind Unfälle, die sich bei der Vereinsarbeit ereignen. Viele Ehrenamtliche gehen davon aus, dass der Verein automatisch haftet und die Absicherung der Behandlungs- und Folgekosten aus Unfallschäden von der Haftpflicht-Versicherung des Vereins getragen würden. Tatsächlich ist das nicht immer der Fall.

Während Arbeitnehmer, auch die, die bei Vereinen oder anderen gemeinnützigen Organisationen angestellt sind, durch das Arbeitsrecht und in der Regel umfassend über betriebliche Unfallversicherungen abgesichert sind, gelten für freiwillig Engagierte andere Spielregeln. Ehrenamtliche sind nämlich grundsätzlich keine Angestellten. Ein Verein haftet z. B. nicht für alle Unfälle seiner Ehrenamtlichen – insbesondere nicht für selbstverschuldete oder außerhalb des Vereinszwecks entstandene Schäden, bspw. wenn ein Ehrenamtlicher auf dem Weg zum Vereinsheim oder Vereinsbüro verunfallt.

Der wesentlichste Unterschied besteht darin, dass bei Angestellten der Träger (z. B. der Verein) zur Absicherung über die gesetzliche Unfallversicherung verpflichtet ist. Bei Ehrenamtlichen hingegen hängt der Versicherungsschutz stark vom jeweiligen Tätigkeitsbereich und den getroffenen vertraglichen oder organisatorischen Regelungen ab. Das Risiko der Lücke besteht und sollte im Verein klar kommuniziert werden. Außerdem gibt es Möglichkeiten, die Lücke aktiv zu schließen.

Die Gruppen-Unfallversicherung für Vereine

Vereine können für ihre Ehrenamtlichen eine Gruppen-Unfallversicherung abschließen. Diese deckt in der Regel:

  • Invaliditätsleistungen nach einem Unfall
  • Krankenhaustagegeld/Tagegeld
  • Unfalltod (Leistung an Angehörige)
  • Bergungskosten

Gruppen-Unfallversicherungen gelten häufig pauschal für „aktive Mitglieder“ oder für eine bestimmte, festgelegte Anzahl von Ehrenamtlichen. Ihr großer Vorteil: Sie lassen sich einfach abschließen, kosten meist nicht viel und schaffen einen gewissen Basisschutz.

Wichtig zu wissen:

Die Gruppenunfall-Versicherung ist kein Ersatz für die private Absicherung. Denn entscheidend ist, wie abhängig die betroffene Person von körperlicher Gesundheit, Erwerbsfähigkeit oder sozialer Absicherung ist. Anhand der folgenden zwei Beispiele wird sichtbar, was konkret damit gemeint ist.

Beispiel 1:
Tobias ist Anfang 30, aktives Mitglied im Sportverein, engagiert sich als Jugendtrainer. Gerade hat er mit seiner Partnerin ein Haus gekauft, das beide über einen Kredit abbezahlen. Gemeinsam haben sie ein Kleinkind.

Jonas stürzt beim Aufbau des Vereinszelts auf dem Sommerfest und erleidet eine schwere Verletzung. Er kann Monate lang nicht arbeiten, der Genesungsprozess ist äußerst langwierig. Die Gruppen-Unfallversicherung des Vereins zahlt eine einmalige Invaliditätsleistung von 10.000 Euro, basierend auf der vereinbarten Grundsumme. Doch leider liegen die tatsächlichen Kosten wie Verdienstausfall, zusätzliche Betreuung und Umbaumaßnahmen im Haus deutlich höher. Eine Erwerbsminderungsrente oder dauerhafte Absicherung wird nicht geleistet. Die Gruppenunfall Versicherung ist also nicht existenzsichernd.

Für Tobias uns seine junge Familie sind die Leistungen aus der Gruppen-Unfallversicherung nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Beispiel 2:
Erika ist Mitte 60, engagiert sich als Kassenprüferin und hilft gelegentlich beim Kuchenverkauf des Vereins mit. Sie lebt allein, ist finanziell abgesichert und  hat auch keine unterhaltspflichtigen Angehörigen. Ihr Alltag ist aktiv, aber überschaubar.

Beim Vereinsausflug stolpert Erika auf der Treppe des Busses, und zieht sich einen komplizierten Bruch zu. Sie ist für längere Zeit auf Hilfe im Haushalt angewiesen. Auch hier leistet die Gruppen Unfallversicherung 10.000 Euro.

Für Erika, die weder Kind noch Kegel zu versorgen hat und auch im Krankenstand ihre Pension erhält, ist die Zahlung der Versicherung durchaus hilfreich. Sie kann sie für eine Haushaltshilfe, ein Pflegebett oder zusätzliche Therapien einsetzen. Die Gruppenversicherung bietet in diesem Fall durchaus eine realistische Ergänzung des Finanzbedarfs während der Genesungsphase

Die private Unfallversicherung

Sind alle Ehrenamtlichen informiert, dass Unfallschäden nicht automatisch über den Verein versichert sind, hat jede und jeder die Chance sein persönliches Unfallrisiko einzuschätzen und auch darüber zu entscheiden, ob es nicht generell sinnvoll wäre, eine private Unfallversicherung abzuschließen.

Die private Unfallversicherung bietet in der Regel:

  • weltweiten Rund-um-die-Uhr-Schutz
  • Leistungen auch bei Unfällen außerhalb der Vereinstätigkeit
  • zusätzliche finanzielle Unterstützung für Rehabilitation oder barrierefreien Umbau

Gerade für ältere Ehrenamtliche oder Menschen mit Familienverantwortung kann dies entscheidend sein, um im Ernstfall nicht auf sich allein gestellt zu sein. Auch für Jugendliche, die sich freiwillig engagieren, kann sie eine sinnvolle Ergänzung sein – etwa als Schutz bei Projektfahrten oder Veranstaltungen.

Unfallversicherung über kommunale Träger

Einige Bundesländer, wie bspw. Bayern, Baden-Württemberg und das Saarland sowie manche Kommunen stellen ehrenamtlich Tätige automatisch unter Versicherungsschutz, z. B. über Sammelverträge mit Unfallkassen. Es lohnt sich also als Verein bei der Kommune oder der Unfallkasse des Bundeslandes nachzufragen, ob und inwieweit Unfallversicherungsschutz für Ehrenamtliche im Verein besteht.

Die größten Missverständnisse

„Unfälle bei der Vereinstätigkeit gelten als Arbeitsunfälle, also ist die Berufsgenossenschaft zuständig.“
– Das gilt in erster Linie für Angestellte des Vereins und sogenannte „Wie-Beschäftigte“, nicht jedoch für Mitglieder und ehrenamtliche Helfer, die die übliche Vereinsarbeit leisten.

Der (Un-)Fall eines Mitglieds eines Hundesportvereins förderte im Februar 2025 am Sozialgericht (SG) Hamburg ein Urteil (Az. S 40 U 35/23) hervor, das die Voraussetzungen der so grautönigen „Wie-Beschäftigung“ im Verein definiert.

Gemäß diesem Urteil kann eine „Wie-Beschäftigung“ nur dann angenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • es muss sich um eine dem fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit handeln, die einen wirtschaftlichen Wert hat
  • sie muss dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen
  • die Tätigkeit muss dem Allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich sein, d.h. ihrer Art nach von Personen verrichtet werden können, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen
  • sie muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie im Einzelfall der Tätigkeit eines Beschäftigungsverhältnisses entspricht, also konkret arbeitnehmerähnlich und nicht unternehmerisch, selbstständig ist

Die Hürden sind hoch, um als ehrenamtlich Tätiger im Falle eines Unfalls, für den der Verein nicht haftet, gesetzlich versichert zu sein.

Die VBG ist in der Regel die für ehrenamtliche Tätige zuständige Berufsgenossenschaft. Unter https://www.vbg.de/cms/mitgliedschaft-und-versicherung/mitgliedschaft-und-beitrag/mitgliedschaft/unfallversicherung-fuer-ehrenamtliche können sich Interessierte genauer informieren.

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Benedetto 11/2025

– Unsichtbare Helfer
– Versicherungen im Überblick
– Sach- und Personenschäden
– Vermögensschäden
– Rechtliche Auseinandersetzungen
– Unfälle bei der Vereinsarbeit
– Besondere Risiken

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