Unter welchen Voraussetzungen können wir unsere Mitgliederversammlung virtuell abhalten, wenn aufgrund von Corona eine physische Versammlung nicht möglich oder erwünscht ist? Welche Möglichkeiten zur schriftlichen Stimmabgabe gibt es als Alternative zu virtuellen Mitgliederversammlungen? Vor allem auch durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie hat sich die Situation für Vereine maßgeblich geändert. Im Folgenden geben wir Ihnen als Vorstand im Verein einen Wegweiser, der Ihnen helfen soll, Ihren Verein durch diese komplexe Situation zu navigieren. Und wir geben Empfehlungen, welche Änderungen Ihrer Satzung Sie in Betracht ziehen sollten, um Ihren Verein auch in Zukunft durch besondere Situationen zu führen.
Sie haben Fragen zur aktuellen Situation, wie z.B. der Durchführung der Mitgliederversammlung unter 2G Bedingungen und Regelungen für nicht geimpfte Mitglieder? Die wesentlichen Antworten haben wir am Ende dieses Artikels unter „FAQ / Aktuelles“ für Sie zusammengefasst.
Sie haben sich bereits für die virtuelle Mitgliederversammlung entschieden? Dann erfahren Sie hier, wie Sie eine virtuelle Mitgliederversammlung im Verein vorbereiten und durchführen können.
Wünschen Sie eine individuelle und rechtssichere Beratung von Fachanwälten für die Durchführung der Mitgliederversammlung in Ihrem Verein? Diese leisten wir im Rahmen unseres Vereins-Schutzbriefs.
MITGLIEDERVERSAMMLUNG IM VEREIN WÄHREND CORONA: ABHALTEN ODER VERSCHIEBEN?
Die Beantwortung dieser Frage hängt von zwei Voraussetzungen ab: (1) Ist laut Vereinssatzung eine Verschiebung der Mitgliederversammlung überhaupt möglich? (2) Falls die Möglichkeit zur Verschiebung gegeben ist, ist eine Verschiebung überhaupt sinnvoll?
(1) Möglichkeit der Verschiebung der Mitgliederversammlung laut Vereinssatzung
Falls die Vereinssatzung zum Thema Mitgliederversammlung keine Aussage trifft, kann sie grundsätzlich verschoben werden. Formell sollte die Verschiebung genauso an die Mitglieder kommuniziert werden wie die ursprüngliche Einberufung. Falls das Thema Mitgliederversammlung in der Vereins-Satzung enthalten ist, kommt es darauf an, ob eine Verschiebung möglich ist. Bei Formulierungen wie „die Mitgliederversammlung SOLL alle 12 Monate…“ besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Verschiebung, bei Formulierungen wie „die Mitgliederversammlung MUSS alle 12 Monate…“ besteht die Möglichkeit der Verschiebung grundsätzlich nicht. Falls der Vorstand eine Mitgliederversammlung der Kategorie „MUSS“ verschiebt, begibt er sich grundsätzlich in ein Haftungsrisiko, falls dem Verein durch die Verschiebung ein Schaden entsteht.
(2) Sinnhaftigkeit der Verschiebung einer Mitgliederversammlung
In vielen Fällen hat der Vereinsvorstand selbst ein großes Interesse daran, dass die Mitgliederversammlung stattfindet. Schließlich stehen oft wichtige Entscheidungen an, über die alle Mitglieder abstimmen müssen. Hierzu gehört z.B. die Verabschiedung des Haushalts, die Wahl des Vorstands sowie Rechtsgeschäfte, die von der Mitgliederversammlung beschlossen bzw. zumindest genehmigt werden müssen. Manche dieser Entscheidungen können zwar auch im Nachhinein genehmigt werden, aber grundsätzlich haben Sie als Vorstand ein großes Interesse an der Durchführung der Mitgliederversammlung.
VIRTUELLE MITGLIEDERVERSAMMLUNG UND WEITERE ALTERNATIVEN ZUM PHYSISCHEN TREFFEN
Vor der Corona Pandemie waren Virtuelle Mitgliederversammlungen nur dann möglich, wenn dies in der Vereinssatzung dementsprechend festgelegt wurde. Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im März 2020 sind virtuelle Mitgliederversammlungen in aller Regel auch ohne entsprechende Festlegung in der Satzung möglich. Hierbei kann der Vereinsvorstand abweichend von der bisherigen gesetzlichen Regelung (§ 32 BGB) den Vereinsmitgliedern ermöglichen, an einer Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen, z.B. über ein Videokonferenztool. Auch sogenannte Hybridlösungen, bei der ein Teil der Mitglieder physisch, und ein anderer Teil virtuell teilnimmt, sind möglich. Über die (Rechts)Sicherheit von Beschlüssen in virtuellen Mitgliederversammlungen herrscht oft ein Mangel an Klarheit.
Wir empfehlen Ihnen grundsätzlich zwei Dinge:
- Arbeiten Sie mit der gleichen Sorgfalt wie in physischen Mitgliederversammlungen in Bezug auf Kontrolle der Teilnahme, Sicherstellung von geheimen Abstimmungen, Protokollierung der Ergebnisse etc.
- Bei Zweifeln setzen Sie sich mit dem für Sie zuständigen Registergericht in Verbindung, z.B. in Bezug auf Nutzung bestimmter Software Lösungen für Videokonferenzen und/oder Abstimmungen.
Weitere Alternativen zu physischen Mitgliederversammlungen, die die neue Gesetzgebung ermöglicht:
- Ausübung des Stimmrechts vor der Mitgliederversammlung durch schriftliche Stimmabgabe an den Vorstand.
- Das so genannte Umlaufverfahren, bei dem gänzlich auf die Mitgliederversammlung verzichtet wird, alle Mitglieder an der Beschlussfassung beteiligt werden und bei dem mindestens die Hälfte der Mitglieder Ihre Stimmen in der gesetzten Frist per Brief, E-Mail oder Fax abgegeben haben muss. Bitte beachten Sie jedoch, dass das Umlaufverfahren eine Mitgliederversammlung nicht vollständig erfasst. Es fehlt das Diskussionselement. Wichtige Beschlüsse sollten daher nicht auf diesem Weg gefasst werden.
WEITERE WICHTIGE AUSWIRKUNGEN DES COVID-19 GESETZES AUF IHREN VEREIN
Eine weitere wichtige Auswirkung der neuen Gesetzgebung betrifft den Vorstand selbst. Demnach bleibt ein „Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung [bleibt] auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt“. Diese Regelung ist von großem Vorteil für diejenigen Vereine, die in ihrer Satzung die Amtszeit begrenzt haben. Ohne diese Regelung könnten Vereine im schlechtesten Fall ohne Vorstand dastehen.
FÜR DIE ZUKUNFT VORBAUEN: VEREINS-SATZUNG ANPASSEN
Die Gültigkeit der gesetzlichen Änderungen ist derzeit bis zum Ende des Jahres 2021 begrenzt. Deshalb ist jedem Verein dringend zu empfehlen, die Satzung nochmals zu überprüfen und ggf. anzupassen. Ein Beispiel ist die explizite Einschließung von virtuellen Mitgliederversammlungen. Wenn sie Inhaber des Vereins-Schutzbriefs des DEUTSCHEN EHRENAMTS sind, ist eine Überprüfung der überarbeiteten Satzung durch spezialisierte Rechtsanwälte Teil der im Jahresbeitrag inkludierten Rechtsberatung.
FAQ / AKTUELLES
Können in Präsenz geplante Mitgliederversammlungen (MGVs) auch nach Einladungsversand in virtuelle MGVs umgewandelt werden?
Ob die Änderung einer als Präsenzveranstaltung geplanten MGV in eine virtuelle oder hybride MGV noch möglich ist, hängt von den Ladungsfristen in der Satzung ab. Kann eine Änderung der MGV-Form noch innerhalb der satzungsmäßig vorgeschriebenen Ladungsfrist umgesetzt werden, so ist dies möglich. Falls die satzungsmäßig vorgegebene Ladungsfrist nicht mehr eingehalten werden kann, sollten die Mitglieder von der ursprünglich geplanten MGV abgeladen werden und unter Wahrung der satzungsmäßigen Ladungsfrist zu einer neuen MGV geladen werden, unter Mitteilung, wie an der neuen MGV teilgenommen werden kann.
Mitgliederversammlungen, die in Präsenz unter 2G durchgeführt werden, schließen Personen aus, die weder geimpft noch genesen sind. Muss eine hybride oder virtuelle Veranstaltung abgehalten werden?
Dasjenige Organ, welches qua Satzung für die Einberufung der MGV zuständig ist, kann auch festlegen, wie die MGV durchgeführt wird. Einen Anspruch einzelner Mitglieder auf Durchführung einer bestimmten Art von MGV gibt es nicht. Personen, die weder geimpft, noch genesen sind, können sich entweder impfen lassen oder sich beispielsweise, soweit die Satzung das vorsieht, durch einen geimpften oder genesenen Vertreter in der MGV vertreten lassen. Natürlich kann das zuständige Organ auch entscheiden, wie oben beschrieben die MGV virtuell oder als Hybrid zu organisieren.
Ist es möglich, die Mitgliederversammlung auf das nächste Jahr zu verschieben?
Gemäß § 5 Abs. 2 a) des Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange die Mitglieder sich nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliedersammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist. Der Vorstand muss also prüfen, ob bspw. die Abhaltung einer virtuellen MGV für den Verein zumutbar ist und sollte anschließend die Mitglieder über seine Entscheidung, ob eine MGV verschoben wird oder nicht und aus welchen Gründen formell informieren.
Stehen Vorstandswahlen an, können die amtierenden Vorstände im Amt bleiben, falls keine Mitgliederversammlung mit Wahlen stattfinden kann?
Gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) ist eine kommissarische Amtsführung des Vorstands, zunächst bis zum 31.08.2022, auch ohne eine entsprechende Regelung in der Satzung möglich.