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13.05.2024

Wirklich selbst & ständig? Der Arbeitsstatus von freien Projektkoordinatoren im Verein

Projektarbeit ist im Vereinsleben weit verbreitet. Auf diese Weise lassen sich verschiedene Aufgaben gut clustern und Verantwortlichkeiten eindeutig zuweisen. Je komplexer und zeitaufwendiger die Projekte sind, umso eher werden selbständige Dienstleister mit der Koordination beauftragt. Daraus kann für den Verein jedoch schnell unbeabsichtigt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis entstehen.

Projektkoordination

Die Planung und Umsetzung von Projekten ist eine effektive Möglichkeit, um die Vereinsarbeit zu strukturieren. Als Projekt gilt in der Regel ein Vorhaben, das sich in Bezug auf seine Zielsetzung aber auch zeitlich, finanziell und personell gut gegenüber anderen Tätigkeiten im Verein abgrenzen lässt – die Organisation einer Veranstaltung zum Beispiel, die Durchführung einer Konzert- oder Ausstellungsreihe, die Entwicklung eines außerschulischen Bildungskonzepts oder ähnliches.

Meist werden die Projekte in Schritte oder Phasen eingeteilt, die von der Planung über die Ausführung bis zur Nachbereitung reichen. Die Fäden in der Hand hält der Projektkoordinator, bzw. die Projektkoordinatorin. Für die erfolgreiche Umsetzung erfordert es nicht nur Organisationstalent, sondern häufig auch Fachwissen, denn die zunehmende Komplexität eines Projekts benötigt einen systematischen Ansatz, der Planung, Organisation, Führung und Kontrolle der Projektaktivitäten umfasst und sich dabei spezieller Projektmanagement-Methoden und -Tools bedient.

Externe Projektkoordinatoren beauftragen – die Vorteile für den Verein

Doch nicht nur fachlich, auch zeitlich können Projekte einen Umfang annehmen, den Vereinsmitglieder ehrenamtlich in ihrer Freizeit nicht mehr bewältigen können. Die Folge: Entscheidungen verzögern sich, Termine können nicht eingehalten werden und das Projekt gerät mehr und mehr ins Stocken. Daher ist bei umfangreichen Vorhaben die Beauftragung eines externen Projektkoordinators eine clevere Lösung, um den kontinuierlichen Fortschritt des Projekts sicherzustellen. Gegenüber der Festanstellung eines neuen Mitarbeiters hat die Beauftragung eines freien Projektkoordinators für den Verein gleich mehrere Vorteile:

Mehr Flexibilität:        
Selbstständige Projektkoordinatoren sind oft schneller verfügbar als neue Mitarbeiter, die erst gefunden und eingestellt werden müssen. Vereine können genau dann auf spezifische Fähigkeiten zugreifen, wenn sie benötigt werden, ohne langfristige Verpflichtungen einzugehen.

Weniger Kosten:         
Für einen freien Projektkoordinator muss der Verein keine Steuern oder Beiträge zur Sozialversicherung abführen. Er ist für die Versteuerung seiner Einkünfte und für seine soziale Absicherung selbst verantwortlich. Auch etwaige Büroausstattungskosten fallen weg.

Achtung: Bei einer vorwiegend künstlerischen Tätigkeit des Projektkoordinators kann der Verein verpflichtet sein, Beiträge in die Künstlersozialkasse (KSK) zu zahlen. Das sollten Sie vorab prüfen.

Mehr Knowhow:         
Ein freier Projektkoordinator bringt wertvolles fachliches Knowhow mit, das dem Verein fehlt. Das kann die Qualität und Effizienz der Projektarbeit verbessern.

Weniger Risiko:           
Werkverträge bieten eine klare rechtliche Struktur mit definierten Leistungsvorgaben und Fristen. Das reduziert das Risiko von Missverständnissen oder Nichterfüllung. Außerdem trägt der selbstständige Koordinator die Verantwortung für die Qualität seiner Arbeit und haftet selbst für seine Fehler oder Versäumnisse.

Vertragliche Regelung begründet noch keine Selbstständigkeit

Es spricht also einiges für die Beauftragung eines freien Projektkoordinators. Allein mit einem Werkvertrag ist die Sache allerdings nicht geregelt. Gerade bei Projektkoordinatoren kann die Grenze zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung fließend sein. Ausschlaggebend ist dabei nicht, was vertraglich vereinbart wurde, sondern die tatsächliche Arbeitsgestaltung des vermeintlich freien Mitarbeiters. Hier nimmt es die Deutsche Rentenversicherung Bund sehr genau und prüft regelmäßig in der Vereinspraxis, ob tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit und nicht doch eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Bei einer falschen Einordnung drohen dem Verein dann mitunter hohe Nachzahlungen.

Checkliste für Vereine: Arbeitet Ihr Projektkoordinator selbstständig?

Auch wenn in der Vergangenheit allzu strenge Beurteilungen der DRV durch Sozialgerichte revidiert wurden, sollte der Verein von Beginn an maßgebliche Kriterien bei der Beschäftigung eines freien Projektkoordinators beachten, um nicht ungewollt in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu geraten. Mehrere Indikatoren mit unterschiedlicher Gewichtung werden hier zur Einordnung herangezogen. Unsere Checkliste hilft Ihnen, die Zusammenarbeit mit einem externen Projektkoordinator rechtssicher zu gestalten.

1. Weisungsfreiheit

  • Der Projektkoordinator kann seine Arbeitszeit und seinen Arbeitsort selbst bestimmen, er unterliegt keiner Anwesenheitszeit oder Arbeitszeiterfassung.
  • Der Projektkoordinator ist im Wesentlichen unabhängig von Vorgaben und Kontrollen durch den Verein und kann frei entscheiden, wie die Arbeit ausgeführt wird.
  • Der Projektkoordinator arbeitet als externer Spezialist mit einschlägigem Knowhow mit dem Auftraggeber „auf Augenhöhe“.

2. Eigene Arbeitsmittel

  • Der Projektkoordinator verwendet hauptsächlich seine eigenen Arbeitsmittel (z.B. Laptop, Software).
  • Der Projektkoordinator ist nicht auf die Räumlichkeiten des Vereins angewiesen, um seine Arbeit zu erledigen.

3. Keine Eingliederung in die Organisation

  • Der Projektkoordinator ist nicht in die Arbeitsorganisation des Vereins eingegliedert (z.B. keine Teilnahme an regelmäßigen Mitgliederbesprechungen) und der Vereinsbetrieb ist nicht abhängig von der Tätigkeit des Projektkoordinators.
  • Der Projektkoordinator führt keine regelmäßigen, dauerhaften Aufgaben aus, die sonst von fest angestellten Mitarbeitern erledigt werden.
  • Der Projektkoordinator greift für die Erledigung seiner Aufgaben nicht regelmäßig auf Mitarbeiter oder Mitglieder des Vereins zurück.

4. Risiko der unternehmerischen Tätigkeit

  • Der Projektkoordinator trägt das unternehmerische Risiko (z.B. Gewinn und Verlust).
  • Der Projektkoordinator hat eigene Geschäftskosten und macht Investitionen.
  • Der Projektkoordinator haftet für selbst verursachte Schäden.

5. Unabhängigkeit am Markt

  • Der Projektkoordinator arbeitet für mehrere Auftraggeber und ist nicht hauptsächlich vom Verein als Auftraggeber abhängig.
  • Der Projektkoordinator bewirbt seine Dienste aktiv am Markt (z.B. über eine eigene Website, durch Werbung).
  • Der Projektkoordinator kann Aufträge nach eigenem Ermessen annehmen oder ablehnen.

6. Vertraglich fixierte Beauftragung und ergebnisorientiertes Entgelt

  • Es existiert eine schriftliche Vereinbarung mit dem Verein, die die Selbstständigkeit des Projektkoordinators betont (Werkvertrag, Dienstvertrag).
  • Der Projektkoordinator ist selbst für seine soziale Absicherung verantwortlich (z.B. Krankenversicherung, Rentenversicherung).
  • Die Bezahlung des Projektkoordinators erfolgt auf Basis der erzielten Ergebnisse oder abgeschlossenen Projekte, nicht als regelmäßiges Gehalt.

Sonderfall „geistige Dienstleistung“

Für die DRV-Bund sind vor allem fehlendes Unternehmerrisiko und die ausschließlich persönliche Erbringung der Arbeitsleistung klare Indizien für eine abhängige Beschäftigung. Bei einer überwiegend geistigen Dienstleistung als Projektkoordinator ist das aber typisch. Die persönlichen Fähigkeiten und Erfahrungen des Auftragnehmers sind hier maßgebend und eigene Betriebsmittel, Investitionen oder zusätzliches Personal sind nicht zwingend notwendig, um die Aufgabe zu erledigen. Auch kann bei reinen Dienstleistungen keine erfolgsabhängige Vergütung erwartet werden. Fest vereinbarte monatliche oder jährliche Honorare ohne nennenswertes Risiko eines Entgeltausfalls sind in diesem Fall kein Indiz, das gegen eine Selbstständigkeit spricht.

Auf Nummer sicher: Statusabfrage bei der DRV

Vereine tendieren oft dazu, Verträge mit freien Mitarbeitern abzuschließen, ohne vorher genau zu überprüfen, ob die Bedingungen für eine selbstständige Arbeit wirklich erfüllt sind oder ob es sich in der Praxis eigentlich um ein Beschäftigungsverhältnis handelt, das der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Zweifel können durch ein Statusklärungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund ausgeräumt werden. Das ist ratsam, denn für den Verein können hohe Nachzahlungen an die Sozialversicherungsträger fällig werden, wenn eine Versicherungspflicht bestand, aber keine Beiträge entrichtet wurden.

Gut zu wissen: Das Deutsche Ehrenamt bietet Kunden auch im Rahmen seines Vereins-Schutzbriefs an, Verträge, die Beschäftigungsverhältnisse regeln, von Fachanwälten kostenfrei prüfen zu lassen.

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